Kettenlinienbogen

Kannst du die Klötze so aneinander legen, dass sie nach dem Aufrichten als Bogen stehen bleiben?

WORUM GEHT ES?
Was eine Kettenlinie ist, kann man mit einer alten Fahrradkette herausfinden. Hält man deren Enden in je einer Hand, hängt sie nämlich genau in dieser Form herunter – bis man sie durch vorsichtiges Kippen aufrichtet. Jetzt hat man einen Bogen geschaffen: einen Kettenlinienbogen! Bei der PHÄNOMENTA kann man einen Kettenlinienbogen aus Holzbausteinen errichten. So hat wohl auch der Architekt des 192 m hohen Gateway Arch in St. Louis einmal angefangen.

WESHALB IST DAS SO?
Betrachtet man die einzelnen Schnittflächen der Bausteine, erkennt man, dass sie immer senkrecht zum jeweiligen Bogenelement stehen. Dadurch können die Druckkräfte nur in Richtung des Bogens weitergegeben werden, bis sie auf festen Untergrund treffen und an ihn abgegeben werden. Treten keine seitlichen Zug- und Schubkräfte auf, erhält der Bogen damit höchste Stabilität. Weil sich die Steine gegenseitig stabilisieren, braucht man keine zusätzlichen Befestigungsmaßnahmen, wodurch der Materialaufwand minimiert wird. Dass sich diese Druckverteilung häufig erst einstellen muss, merkt man beim Aufbau des Kettenlinienbogens.

Am besten legt man den Bogen zuerst auf der waagerechten Aufbauhilfe zusammen. Klappt man ihn dann langsam hoch, passiert es oft, dass der Bogen zusammenfällt, weil er in diesem „Bauabschnitt“ schnell seitliche Zug- und Schubkräfte erfährt. Das kann verhindert werden, wenn man zu dritt arbeitet. Dabei sollten zwei Personen versuchen, die Anfangssteine beim Hochklappen zu sichern, während eine weitere den Bogen von vorne beobachtet und gegebenenfalls die Position der Steine korrigiert. Steht der Bogen erst einmal, stabilisiert er sich von selber.

Der Kettenlinienbogen hat seinen Namen seiner besonderen Form zu verdanken. Sie ist gleich dem Verlauf einer Kette, die zwischen zwei festen Punkten herabhängt. Eine Beispielkette hängt vorne am Sockel des Experiments. In dieser Form befindet sie sich im stabilen Gleichgewicht und weist die niedrigste Lageenergie im Vergleich zu möglichen anderen Linien auf.

Alltagsbezug
Der Kettenlinienbogen nimmt in der Architektur eine besondere Stellung ein. Unter allen in der Baukunst verwendeten Bogenformen, ist er es, der bei geringstem Materialaufwand größte Stabilität bietet.

In den USA, genauer in St. Louis, steht ein riesiges Bauwerk, der „Gateway Arch“, das die Form eines Kettenlinienbogens hat. Es wurde 1968 eingeweiht und soll das „Tor zum Westen“ symbolisieren, das aufgestoßen wurde, als im 19. Jahrhundert die Besiedlung des westlichen Teils der USA begann.

Übrigens: Die Rotorblätter Darrieus-Windkraftanlagen sind in Kettenlinienform gebaut, damit sie bei der Drehung keine Verbiegung durch Fliehkräfte erfahren.